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Kurzgeschichten
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Hier enthülle ich Ihnen weitere Erzählungen,
entspringend den Mysterien meiner Heimat und
den verborgenen Geheimnissen meines Lebens.
entspringend den Mysterien meiner Heimat und
den verborgenen Geheimnissen meines Lebens.
Geschichte 5 - Die ersten DruidenIn den dunklen Nebeln vergessener Zeiten, lang vor 75.000 Mondumrundungen, als das Licht der Sterne die Welt noch nicht erleuchtete, ereignete sich das sagenumwobene Kapitel der großen Wanderung.
Eine Ära verhüllt in Schleier des Mysteriums und der Vergessenheit, von der nur noch wenige Flüstern hören.Der Stamm der Druiden durchstreifte ein Land, das sich von seiner eisigen Starre löste und von neuer Wärme umarmt wurde.Ihre Reise führte sie entlang der Küsten, wo das Meer und die Flüsse sich zu einem wilden Tanz vereinten.Ihr Volk war klein, verloren in den endlosen Weiten der Welt, und ihre Schritte wurden von Verlusten begleitet, die sich wie dunkle Schatten über sie legten.
Keine feste Heimat kannten sie, nur die endlose Suche nach einem Ort, der ihnen Ruhe schenken würde.Ihre Wanderung führte sie vom fernen Osten, entlang der Küste, immer weiter gen Westen.Bis sie schließlich die Gestade erreichten, wo heute das tosende Meer über längst versunkene Geheimnisse wacht.Doch damals, als das Wasser noch niedrig lag, fanden sie hier Einkehr.An diesem mystischen Ort erkannten sie, dass es an der Zeit war, ihre Wurzeln zu schlagen und der Zeit zu trotzen.Der mächtige und erste Druide ihres Volkes, Aidan, sprach mit weiser Stimme: "Hier wollen wir verweilen und den Geheimnissen des Universums lauschen."Doch hinter seinen Worten verbarg sich mehr, als seine Gefährten ahnten.Geheimnisse, die tiefer reichten als der dunkle Ozean und älter waren als die Sterne selbst.Inmitten dieser wilden Natur begannen sie, ihre einfachen Behausungen zu errichten, von Aidans Visionen geleitet.Langsam erhoben sich die Hütten aus dem Schoß der Erde, verschmolzen mit den umgebenden Wäldern zu einer untrennbaren Einheit.Das erste Langhaus nahm Form an, seine Wände von Erde bedeckt, seine Gestalt mehr einer uralten Höhle gleichend als einem menschlichen Bauwerk.Doch darin lag die Kraft, die Verbindung zu den verborgenen Mächten zu vertiefen, die über diese Lande wachten.Aidans Zeit des Wanderns war vorbei, sein Alter zwang ihn, in diesem Heim zu verweilen.Doch sein Geist war noch lebendig, und er träumte von einer Zukunft, in der seine Nachfolger das Erbe der Druiden weitertragen würden.Besorgt fragten sich die Menschen, wer nach Aidan kommen würde.Doch der alte Druide hatte bereits einen Plan gefasst.Nicht einer, sondern fünf junge Schüler sollten heranwachsen, um das Erbe der Druiden zu bewahren.Fünf Kinder im Alter von 10 bis 12 Jahren wurden auserwählt, ihre Ausbildung zu beginnen. Kyria und Morgan, zwei junge Mädchen, und Fynnbar, Björn und Tacel, drei tapfere Jungen, wurden zu den Auserwählten berufen, die unter Aidans wachsamen Augen die Geheimnisse des Universums entschlüsseln sollten.Aidan enthüllte ihnen die Geheimnisse der alten Pflanzen und Tiere, offenbarte die Mysterien der Gestirne und ihre verborgenen Einflüsse.Mit weiser Hand lehrte er die uralte Kunst, Krankheiten zu heilen und Verletzungen zu behandeln.Sie mussten bei jedem Handwerker in der Gemeinschaft mitwirken, um die verborgenen Pfade des Wissens zu erkunden.Auf immer länger werdenden Wanderungen erforschten sie die verschleierten Geheimnisse ihrer Umgebung, und es schien, als seien sie die letzten Überlebenden in einem verzauberten Reich.Doch die Gründung einer Siedlung barg auch düstere Konsequenzen.Die Bewohner waren noch nicht bereit, die uralten Pfade des Wanderns zu verlassen, und die Geheimnisse des großartigen Ackerbaus lagen noch im Schatten.Dennoch flüsterten die Schatten des Erfolges über ihre Viehherden, die Ziegen, Schweine, Schafe und kleinere Rinder umfassten.Besonders der Fischfang half in schlechten Zeiten. Viele andere Wesen, längst vergessen, wurden gejagt, doch domestiziertes Geflügel war noch ein unergründetes Geheimnis.Aidan errichtete mit den Schülern die Sonnenwendtotem, Baumstämme mit einem Loch im Stamm, durch das das Licht zur Sonnenwende auf den Mittelpunkt des Ritualplatzes fiel.
Später wurden kleinere Baumstämme im Kreis darum errichtet.Immer zur Wintersonnenwende, wenn die Kraft der Druiden am stärksten war, konnten selten Rituale ausgeführt werden.Die Sommersonnenwende war das Zeichen für den Beginn der warmen Jahreszeit, und das Dorf pulsierte vor Aktivität und Aufgaben bis spät in die Nacht.Der Winter hingegen war die Zeit für Gebete und Legenden.Die Jahre vergingen, und inmitten der geheimnisumwobenen Siedlung wurden weitere Wohnhügel errichtet.Die Kinder wurden älter, und mit ihrer Reife erwachte das verborgene Begehren zwischen Tacel und Kyria.Doch Aidan, der Wächter der Geheimnisse, verbot jede Bindung zwischen seinen Schülern.Denn eines Tages würden sie ihre Schleier lüften und das Dorf verlassen müssen, um das verlorene Wissen zu ergründen und es mit den verschollenen Stämmen zu teilen.
Tacel jedoch weigerte sich, dies zu akzeptieren, und drängte Kyria unaufhörlich, während sie sein Begehren beharrlich zurückwies.Nach sieben Jahren lauerte Tacel Kyria allein im Wald auf. Obwohl er hager war, überragte er sie an Kraft.Sie konnte sich kaum wehren, als er ihre Kleidung zerfetzte und sein düsteres Werk vollenden wollte.In diesem Augenblick traf ihn ein kräftiger Schlag von der Seite.
Björn, jünger als Tacel, aber ebenso groß und stark, hatte Kyria gerettet.Am Abend musste Aidan entscheiden, was nun geschehen sollte.Tacel hatte viel Wissen erlangt, und sein Verlust wäre ein Schlag für die ganze Gemeinschaft.Aidan urteilte, dass Tacel die Gemeinschaft beim nächsten Vollmond verlassen und nie wieder zurückkehren dürfe.Zwei Tage vor diesem Termin tauchte Tacel bei Aidan auf.Der alte Druide dachte, er wolle sich rechtfertigen, um Aidan umzustimmen.Jedoch waren Tacels Absichten finster.
Mit einem Obsidian Dolch, benetzt mit klebriger weißer Flüssigkeit, stieß er zu.Nur Aidans schnelle Reaktion rettete ihn vor einem Herzstich.
Aidan war klug genug, die Gefahr zu erkennen, und schleuderte eine Handvoll Sporen in Tacels Gesicht.Die Wirkung war verheerend, ließ seine Haut aufplatzen und rote Blasen bilden.
Tacel schrie vor Schmerz, doch dann begann er zu lachen.Die anderen vier Schüler kamen angelaufen, erkannten die Situation und überwältigten Tacel.Sie fesselten ihn an einen Baum.Währenddessen kümmerten sich Kyria und Morgan um Aidan.
Anfangs schien es, als hätten sie Glück gehabt, die Wunde war oberflächlich.Jetzt breiteten sich die Schmerzen in Aidans Brust aus.
Tacel hatte ein Gift benutzt, das aus seltenen Pflanzensäften gewonnen wurde.Die Schüler kannten viele Heilkräuter und -methoden, doch dieses Gift entsprach keiner bekannten Substanz. Fynnbar, der größte der Jungen, normalerweise friedlich, entfesselte seine Wut und schlug Tacel wiederholt, bis sein Gesicht, das schon unter den Sporen gelitten hatte, zerbrach.Tacel gestand später, dass es sich um eine Mischung aus Pflanzensäften handelte, für die es keine bekannte Heilmethode gab.Die Schüler gaben jedoch nicht auf.Sie mischten eine heilende Salbe nach der anderen und gaben ihr Bestes.Ein zaghafter Erfolg zeigte sich.
Nachdem Aidan wieder auf den Beinen war, wurde Tacel sofort verbannt.Am selben düsteren Abend fanden sich die Schatten um Tacel zusammen, als er sich aus seinen Fesseln befreite und erneut Aidan angriff.Die Dunkelheit der Nacht verbarg sein Tun, während er mit geschickten Bewegungen eine verborgene Knochennadel in den Nacken des alten Druiden trieb.Ein geisterhaftes Flüstern erfüllte die Luft: "Euer Wissen war mein Ziel, doch eure Regeln sind mir ein Gräuel.Nun wird das wahre Gift seine Macht entfalten, denn eine weitere Zutat ist nun vollendet.
Danke, doch euer Untergang ist besiegelt."Ein unheilvoller Schmerz durchzog Aidans Brust, als seine Glieder von Taubheit erfasst wurden.Die Dorfbewohner eilten herbei, doch Tacels Zorn kannte keine Grenzen.
Ein jeder, der sich näherte, spürte die Bitterkeit seiner Rache.Vergebens waren ihre Bemühungen, Aidan zu retten, und die Schüler waren weit fort.Nur die hoffnungslose Verbannung und die Hingabe Kyrias konnte ihr Schicksal mildern.Die Dorfbewohner erhoben sich gegen Tacel, doch das Schicksal war bereits in Bewegung.Drei weitere fielen seinen dunklen Machenschaften zum Opfer, während niemand mehr wagte, ihm näher zu kommen.Doch als die Nacht ihren Griff lockerte, durchbohrte ein Speer mit Knochenspitze Tacels Arm.Fynnbar war zurückgekehrt, und sein Angriff zerriss die Dunkelheit.Tacel wurde zu Boden gerissen, gefangen im Netz der Bestrafung.Aidan versammelte die Schüler um sich. Tacel wurde gefesselt, ein Gefangener der Finsternis, für immer gefangen im Bann der Vergeltung.Die Schüler wurden belehrt und ihre Wege wurden gewiesen.
Björn und Morgan sollten über Land ziehen und von vergessenen Mythen berichten, während Kyria und Fynnbar den Wächter der Gemeinschaft bilden sollten.
Doch Aidan warnte vor dem drohenden Unheil aus dem Süden, das unaufhaltsam näher rückte.Mit dem Schwinden der Nacht verblassten auch Aidans Kräfte, und sein Lebenslicht verblasste.Die Schüler wachten über ihn in seinen letzten Stunden, doch ihre Tränen vermochten das Unabwendbare nicht aufzuhalten.Am Morgen war Aidan für immer in die Ewigkeit entschlafen.
Die Dorfbewohner überlebten, doch die Lähmung, die sie befiel, trug schwer an ihrer Hoffnung.Die Gemeinschaft schrumpfte, und die Schüler wurden zu wandernden Lichtern in der Dunkelheit.Als die Sonne über den Horizont stieg, versammelte sich das Dorf erneut.
Fynnbar stand an der Spitze, sein Blick entschlossen und seine Stimme fest.Die Entscheidung war gefällt: Tacel sollte der Ewigen Strafe unterzogen werden, denn das Töten eines Bruders des Stammes war ein Verbrechen, das nicht vergeben werden konnte.
Die Schüler zögerten, doch Fynnbar sah ihnen in die Augen, und sie verstanden.Das Ritual der Ewigen wurde vorbereitet, ein finsteres Kapitel in den Annalen der Zeit.Tacel erkannte das Schicksal, das ihn erwartete, und doch konnte er die Absichten der Schüler nicht begreifen.
Er verachtete ihre Schwäche und zweifelte an seinem eigenen Plan.Gefangen in der Gewissheit der Macht, widerstand er dem Drang zu fliehen oder das Ritual zu stören.Sein Verlangen nach Überlegenheit trieb ihn voran, während die Dunkelheit um ihn herum wuchs.Der Tag brach an, und Tacel wurde auf den Altar des Rituals gelegt.
Opfertiere wurden herbeigeführt, und die Schüler vergossen ihr Blut in einer Zeremonie, die jenseits menschlicher Vorstellungskraft lag.
Das Geheimnisvolle umhüllte die Szene, und die Dunkelheit lauerte in den Schatten.Als die Sonne unterging, endete das Ritual, und Tacel fühlte sich lebendiger und mächtiger denn je.Doch sein Gefängnis war nicht gebrochen, und er war dennoch gefangen.In den Wirren der Nacht löste Tacel schließlich seine Fesseln und erhob sich, ein Schatten in der Dunkelheit, bereit, seine Macht über das Land auszubreiten.
Keine Sekunde zögerte er und lief los, immer Richtung Süden, weg von seinen ehemaligen Mitschülern.Mögen sie und das Dorf doch untergehen.Fynnbar, der immer noch schwach war, sprach den Schattenbann über Tacel, so dass er das Dorf nie wieder finden könnte, solange er auch danach suchte.
Jetzt war es an der Zeit für Fynnbar, sich auszuruhen, und die anderen bereiteten ihre Abreise vor, die beginnen sollte, sobald das Wetter wärmer wurde.Das Schicksal hatte noch unergründliche Wege vorbereitet, die weit über die Grenzen des Gewöhnlichen hinausreichten. Tacel erreichte Stämme im Süden und wurde schnell zu einer Legende, einem Schatten, der zwischen den Welten wandelte.
Sein Körper war ein Gefängnis seiner Unsterblichkeit, während sein Geist von dunklen Mächten gequält wurde. Von seinen druidischen Lehren vergaß er im Rausch seiner Macht viel und brachte viel Leid über die Menschen, doch sein Fluch verweigerte ihm den Frieden des Todes.Die Zeit schritt unaufhaltsam voran, und mit jedem vergehenden Moment wurden die Ketten seiner Unsterblichkeit zu einem Folterinstrument.Sein Körper begann zu verwelken, seine Seele zu ertrinken in einem Meer aus unendlichem Leid.Doch selbst in dieser qualvollen Existenz blieb sein Name ein Flüstern in den Schatten, eine Warnung vor der Gier nach unirdischer Macht.Eines Tages wagte ein mutiger Jünger, ihn herauszufordern und fügte Tacel großen körperlichen Schaden zu.Die Strafe für seine Hybris war weit schlimmer als er es sich je hätte vorstellen können. Gefangen in einer Höhle aus Finsternis und Erde, verwandelte sich Tacel in einen Geist, der zwischen den Welten gefangen war, unfähig zu leben, unfähig zu sterben.Es wurde noch schlimmer, sein Gehör versagte und nach und nach verfiel sein Körper.Er konnte nichts sehen, nichts hören und nichts mehr fühlen.
Es war die absolute Leere, und dennoch war sein Geist da.Die Hoffnung, dass er vergessen würde, das geschah nicht.
Die Erinnerung an seine Bosheit und dass er nicht sterben konnte, wurden überliefert.Beim Namen war man sich nicht mehr so sicher, und er verwandelte sich von Tacel in den Teufel und sein Leiden kannte kein Ende, seine Existenz war ein Fluch, der ihn für alle Ewigkeit geißelte.Als die Dunkelheit ihn umhüllte und die Stille der Ewigkeit seine einzige Gesellschaft war, erkannte Tacel, dass seine wahre Prüfung noch bevorstand, in einer Welt, die von Schatten und Geheimnissen durchdrungen war, bereit, sich zu offenbaren, wenn die Zeit gekommen war.Björn fand seinen Weg in die eisigen Gefilde des Nordens, wo er sein Wissen an jene weitergab, die nach Wahrheit und Stärke suchten.Morgan wurde im Westen verehrt für ihre Heilkünste, während Kyria im Osten neue Völker und fremde Kulturen entdeckte.Doch selbst in der Ferne waren sie verbunden durch die Erinnerungen an ihre gemeinsame Reise und die Macht der alten Magie.Fynnbar, der letzte Wächter der alten Weisheit, verblasste mit der Zeit, doch sein Vermächtnis lebte weiter in den Herzen derer, die er unterwies.Sein Geist segelte auf einem Schiff aus Eichenholz über das unendliche Meer, seine Weisheiten im Nebel des Vergessenes bewahrt.Aidan hingegen wurde eins mit der Natur, begraben unter den Wurzeln eines mächtigen Baumes, der über das Dorf wachte und seinen Schutz für alle Ewigkeit versprach.
Geschichte 6 - ErinnerungProlog: Letzte ruhige Tage:Ich schreibe diese Zeilen nicht, weil ich glaube, dass sie jemand lesen wird.
Aber irgendetwas in mir sagt mir, dass ich es tun sollte.Vielleicht ist es der Wunsch, meine Gedanken zu ordnen, vielleicht ist es die Angst, die mich in letzter Zeit nicht mehr loslässt.
Irgendetwas liegt in der Luft.Ich kann es nicht genau beschreiben, aber die Welt fühlt sich nicht mehr so an wie früher.Die Nachrichten überschlagen sich. Der Konflikt in Osteuropa spitzt sich weiter zu.
Russland und die Ukraine, man hört nichts anderes mehr.Offiziell redet noch jeder von Diplomatie, doch die Truppenbewegungen sprechen eine andere Sprache.
Ich habe gelernt, zwischen den Zeilen zu lesen, und was ich dort sehe, gefällt mir nicht.Dann sind da noch China und Taiwan. Auch dort werden die Drohungen lauter.Die USA haben sich eingemischt, die NATO ebenfalls.
Und während der Politiker große Reden schwingen, frage ich mich, ob sie überhaupt noch Kontrolle über die Situation haben.Die Straßen sind anders als früher. Die Leute sind nervös. In den Supermärkten sieht man immer häufiger leere Regale.Manche tun so, als sei das alles normal, als würde sich die Lage bald beruhigen.
Aber ich sehe die Angst in ihren Augen.
Die Preise steigen unaufhörlich, Benzin ist teurer denn je.Und dann sind da noch die Stromausfälle, erst sporadisch, jetzt regelmäßiger.
Angeblich nur Wartungsarbeiten. Ich glaube das nicht.Ich habe begonnen, Vorräte anzulegen. Konserven, Wasser, Batterien.
Nicht viel, aber genug, um mich eine Weile über Wasser zu halten.Ich habe meine Wohnung gesichert, Schlösser verstärkt, Fenster überprüft.
Mein altes Solar-Kurbelradio habe ich wieder in Betrieb genommen.Falls das Netz ausfällt, brauche ich eine Möglichkeit, Informationen zu bekommen.Es ist verrückt. Vor einem Jahr hätte ich gelacht, wenn mir jemand gesagt hätte, dass ich mich auf einen Krieg vorbereiten würde.Aber jetzt, jetzt fühlt es sich an, als wäre es nur noch eine Frage der Zeit.Manchmal frage ich mich, ob ich übertreibe.
Ob ich mich zu sehr von Angst leiten lasse?Doch dann höre ich wieder eine neue Rede, sehe wieder eine neue Eilmeldung, spüre wieder dieses Kribbeln in meinem Nacken.
Ich will kein Schwarzseher sein.Ich will glauben, dass sich alles noch einrenkt.
Aber tief in mir weiß ich: Die Welt, wie ich sie kannte, gibt es nicht mehr.Irgendetwas wird passieren.
Ich kann es fühlen.
Und wenn es soweit ist, werde ich bereit sein.
So gut es eben geht.Tagebucheintrag Tag 1:
Hallo liebes Tagebuch, heute ist der 14. Januar im Jahr 3061 und mein Name ist Doktor Kyle Ralfson.
Heute wurde mir mitgeteilt, dass es endlich möglich ist, in die Sperrzone zu gehen.
Dort sind vor über tausend Jahren eine große Menge atomarer Bomben gefallen und haben das Land lange Zeit unbewohnbar gemacht.
Das soll auch der Beginn meiner Tagebuchaufzeichnungen sein, die diesen Verlauf dokumentieren.Tag 2:
Reinhold Björnson ist mein Assistent und stellt gerade das Forschungsteam zusammen.
Bevor eine Neubesiedlung stattfinden kann, werden wir das Gebiet genauestens erforschen.
Insgesamt sind weit über zweihundert Teams damit beauftragt.
Wir werden ein Gebiet erforschen, das einmal München hieß und ein bedeutendes Bevölkerungszentrum seiner Zeit war.
Leider sind dort auch besonders viele Bomben gefallen.Tag 3:
Der Standort ist ausgewählt. Er befindet sich östlich der damaligen Großstadt, denn das Gebiet ist sehr sumpfig und im alten Stadtkern ist kein Staubkorn mehr zu finden.
Etwas außerhalb haben wir bessere Chancen und Satelliten zeigen dort eine Anomalie.Tag 7:
Wir sind angekommen und das Basiscamp wird aufgebaut.
Es ist ein reiner Urwald hier, aber bei der Anomalie ist der Wald lichter.
Morgen werden wir mit der intensiven Untersuchung des Gebiets beginnen.Tag 8:
Wir haben etwas auf dem Scanner. Scheinbar wurde ein Haus verschüttet und dadurch teilweise vor der Zerstörung bewahrt.
Mit etwas Glück könnten wir in einem Hohlraum noch Dinge finden.
Die Ausgrabung wird vorbereitet, ich bin so aufgeregt.Tag 9:
Die Grabungen gehen voran.
Scheinbar haben wir Glück und ein Hohlraum könnte sich als Wohnung erweisen.
Das könnte uns helfen, zu verstehen, was damals geschehen ist.
Die große Katastrophe jener Zeit hat sechsundneunzig Prozent aller Menschen dahingerafft.
Zwar nicht alle sofort durch die Bomben, aber die Folgen von Strahlung, Unfruchtbarkeit und Hungersnot haben ihr Übriges getan.
Besonders Mittel- und Osteuropa hat es schlimm getroffen.
Hier sind zehnmal mehr Bomben gefallen als im Rest der Welt.Tag 14:
Die Ausgrabungen gestalten sich schwieriger als gedacht.
Die Wurzeln der Bäume reichen tief und das Gebäude wurde stärker verschüttet als ich angenommen hatte.
Es dürfte an die sechzig Meter tief liegen.
Leider scheint ein Großteil des Gebäudes komplett verloren zu sein.
Nur ein paar wenige Räume sind noch erhalten.Tag 16:
Der Durchbruch ist geglückt und wir haben hier eine wahre Zeitkapsel.
Was für ein grandioser Fund!
Morgen beginnen wir mit der ersten Begutachtung der Funde.
Das könnte unser Verständnis des großen Krieges erheblich verbessern.Tag 17:
Das erste Fundstück ist ein Bild, das in Kunststoff versiegelt wurde.
Die Schrift kann ich noch nicht entziffern, das lassen wir von einem System analysieren.
Es scheint sich um ein Schriftstück zu handeln, das eine Ehrung oder etwas Ähnliches darstellt.
Ein weiteres Fundstück ist eine Art elektronisches Gerät.
Es könnte sich um einen Computer aus jener Zeit handeln.
Durch das Verschütten und die Versiegelung des Raumes hat es sich erstaunlich gut erhalten.
Vielleicht können unsere Systeme dort noch Daten auslesen.Tag 18:
Es wurde Kleidung gefunden, die allerdings stark verfallen ist.
Doch damals wurde viel Kunststoff in der Kleidung verarbeitet, was den Verfall eingeschränkt hat.
Sie war größtenteils schwarz, vermutlich war das damals Mode.
Die ersten Porzellanfunde wurden ebenfalls gemacht. Darauf sind Waschbärenbilder zu sehen.
Möglicherweise war dieses Tier zu jener Zeit etwas Besonderes oder stellte vielleicht eine heilige Figur dar.Tag 19:
Es wurde sehr viel aus Kunststoff gefunden, darunter scheinbar auch Stoff für das Bett und Möbel aus Kunststoffen.
Zu dieser Zeit war dieses Material offenbar weit verbreitet, was uns heute hilft, da es sehr haltbar ist.
Die Übersetzung des ersten Fundstücks war erfolgreich.
Es handelt sich um eine Art Urkunde für einen „Meister für Schutz und Sicherheit“.
Einer der Menschen, die hier lebten, war offenbar ein Experte für Sicherheit.
Ob das einer der Gründe für die besonderen Funde ist, bleibt unklar.Tag 20:
Es wurden eine Reihe großer Messer und sogar ein Schwert gefunden.
War es damals üblich, Schwerter zu tragen?
Weitere verschiedene Fundstücke wurden geborgen, darunter Besteck und Behälter mit unbekannten Flüssigkeiten.
Leider sind viele davon zerbrochen oder zu stark beschädigt.
Es wird immer klarer, dass hier nur eine einzige Person gelebt haben kann.Tag 21:
Der Bewohner wurde gefunden, oder besser gesagt, seine Knochen.
Er hat die Verschüttung offensichtlich überstanden, ist aber anschließend an Luftmangel verstorben, nachdem der Raum verschüttet war.
Es handelte sich um eine männliche Person mit einer Körpergröße von ca. 185 Zentimetern.
Wir werden seine DNA extrahieren, um mehr über ihn herausfinden zu können.Tag 22:
Es ist uns tatsächlich gelungen, Daten von einer alten Magnetfestplatte zu retten, die er genutzt hatte.
Diese werden nun aufgearbeitet und an unsere heutigen Systeme angepasst.
Besonders spannend ist, dass es genau die Zeitepoche betrifft, in der das Internet entstanden ist und künstliche Intelligenz ihre Anfänge hatte.
Natürlich erhoffen wir uns neue Erkenntnisse über den Beginn des Krieges und seine wahre Ursache.Tag 23:
Der Bewohner war ein etwa vierzig bis fünfzig Jahre alter Mann.
Aus den Unterlagen schließen wir, dass sein Name Mario war.
Wir konnten erste Daten sichten und tatsächlich geht daraus hervor, dass der Krieg wohl zuerst in Russland und der Ukraine begann.
Danach entwickelten sich weitere Kriegsherde, wie ein Konflikt zwischen China und Taiwan.
Vielleicht finden wir auch heraus, wann die ersten Atombomben eingesetzt wurden.
Leider sind einige der Daten beschädigt.Tag 24:
Die ersten gesichteten Daten beinhalten persönliche Notizen von Mario.
Er scheint sich intensiv mit Sicherheitsfragen beschäftigt zu haben und hatte sogar eine eigene kleine Sammlung an Waffen und Schutzausrüstung.
Es ist faszinierend zu sehen, dass er inmitten einer auseinanderbrechenden Welt versucht hat, sich selbst zu schützen.
Vielleicht hat er gehofft, den Krieg zu überleben, indem er sich in seiner Wohnung verschanzt.Tag 25:
Wir haben eine Art Tagebuchdatei gefunden, die seine letzten Tage beschreibt.
Darin schreibt er, dass er durch die Nachrichten von einer eskalierenden Lage erfuhr.
Die politischen Spannungen waren enorm, und es scheint, als hätte sich die Situation innerhalb weniger Wochen drastisch verschlechtert.
Eine Passage beschreibt, wie er versuchte, seinen Unterschlupf weiter abzusichern, aber durch Versorgungsengpässe eingeschränkt wurde.Tag 26:
Wir haben eine schockierende Entdeckung gemacht: Ein Video, das auf der Festplatte gefunden wurde, zeigt den Moment, als die ersten Atomexplosionen die Stadt trafen.
Mario war offenbar vorbereitet und hatte eine Kamera aufgestellt, die automatisch Aufnahmen machte.
Die Bilder sind verstörend, aber sie liefern uns einen bisher nie gesehenen Blick auf die Katastrophe.Tag 27:
Heute haben wir die DNA-Analyse abgeschlossen. Mario war ein genetischer Mischling verschiedener europäischer Abstammungen, was für seine Zeit nicht ungewöhnlich war.Das Forschungsteam um Reinhold Björnson ist sich einig: Diese Entdeckung ist von historischer Tragweite.
Die gefundenen Dokumente, Videos und persönlichen Gegenstände geben uns einen Einblick in das Leben der Menschen unmittelbar vor und während der Katastrophe.
Wir werden alle gesicherten Daten nun für die Nachwelt aufbereiten.
Mario, ein einfacher Mann aus einer verlorenen Zeit, wird durch unsere Forschung unvergessen bleiben.Tag 28:
Wir haben weitere Daten aus Marios Aufzeichnungen entschlüsselt.
Darunter sind detaillierte Berichte über Versorgungsengpässe, Zusammenbrüche der öffentlichen Ordnung und zunehmende Gewalt in den letzten Tagen vor der Katastrophe.
Besonders erschreckend sind seine Schilderungen über Plünderungen und den völligen Vertrauensverlust in die Regierung.Die letzte Aufnahme stammt aus dem Moment, als Mario seine Tür verriegelt, wohl wissend, dass das Ende nahe war.Tag 29:
Eine neue Entdeckung: In einer versiegelten Kiste haben wir eine Reihe alter Speichermedien gefunden.
Einige enthalten Daten aus sozialen Netzwerken jener Zeit.
Es ist ein Chaos aus Meinungen, Fake News und Panikmache.
Die digitale Kommunikation hatte sich kurz vor dem Krieg offenbar in eine Spirale aus Angst und Desinformation verwandelt.Eine der geretteten Dateien beschreibt Marios letzte Tage mit verstörender Präzision.
Er wusste, dass er nicht entkommen konnte. Seine letzten Worte in der Datei: „Ich hoffe, jemand findet dies eines Tages.“Tag 30:
Ein weiteres elektronisches Gerät konnte zum Teil wiederhergestellt werden.
Es handelt sich um eine Art Kommunikationsgerät, möglicherweise ein altes Smartphone.
Wenn wir Zugriff auf seine Daten erhalten, könnten wir weitere Einblicke in das Alltagsleben dieser Zeit gewinnen.In einem gesicherten Behälter haben wir alte Papierdokumente gefunden.
Darunter ein offizielles Schreiben einer Behörde, das vor einer „unmittelbaren Bedrohung“ warnt.
War der Krieg vielleicht doch geplant?Tag 31:
Unsere Zeit in diesem Gebiet neigt sich dem Ende zu.
Die gesammelten Daten und Funde werden für Jahrzehnte Grundlage für weitere Forschungen sein.
Mario war ein einfacher Mann, aber seine letzten Tage erzählen eine Geschichte, die die Menschheit nie vergessen darf.Das Forschungsteam beginnt mit dem Abbau des Basiscamps.
Die wichtigsten Funde sind bereits gesichert, und alle relevanten Daten wurden übertragen.
Es ist ein seltsames Gefühl, diesen Ort zu verlassen, als würden wir ein Fenster in die Vergangenheit schließen.
Doch unsere Arbeit ist getan, und die Region wird offiziell für die zukünftige Besiedlung freigegeben.Tag 32:
Heute ist unser letzter Tag in der Sperrzone.
Die letzten Messungen bestätigen, dass die Strahlenwerte niedrig genug sind, um eine Rückkehr von Menschen zu ermöglichen.
Bald wird hier neues Leben entstehen.
Doch während wir abziehen, bleibt das Wissen über die Vergangenheit bestehen, als Mahnung und als Hoffnung, dass die Fehler der alten Welt sich nicht wiederholen.Tag 50 Mission Ende:Nun da unsere Mission hier abgeschlossen ist, ist es an der Zeit ein Resümee zu ziehen.
Die Entdeckungen, die wir gemacht haben, werfen ein neues Licht auf die Ereignisse die vor über tausend Jahren zum Untergang der damaligen Zivilisation führten.Die Daten aus Marios persönlichen Aufzeichnungen den gesicherten Videos und weiteren Dokumenten zeigen ein düsteres Bild der letzten Jahre vor dem großen Krieg.
Es begann mit politischen Spannungen zwischen Russland und der Ukraine gefolgt von einer Eskalation zwischen China und Taiwan.
Diese Konflikte führten zu einer immer aggressiveren Rhetorik zwischen den Weltmächten.
Wirtschaftliche Sanktionen verschärften die Lage zusätzlich bis schließlich ein Wettrüsten begann, das den Kalten Krieg des 20 Jahrhunderts in den Schatten stellte.Parallel dazu geriet die Gesellschaft in vielen Regionen der Erde ins Wanken.
Klimawandel wirtschaftliche Krisen und soziale Unruhen führten dazu, dass viele Länder an Stabilität verloren.
Während Regierungen versuchten ihre Kontrolle zu bewahren nahmen Proteste und Aufstände zu.Die Angst vor einem globalen Kollaps wuchs und viele Menschen begannen sich auf das Schlimmste vorzubereiten so wie Mario der sich mit Schutzmaßnahmen Vorräten und Waffen ausstattete.Der eigentliche Beginn des Atomkriegs ist nicht eindeutig datierbar doch die ersten größeren Detonationen fanden vermutlich in Osteuropa statt.
Ob es ein gezielter Angriff oder ein eskalierender Vergeltungsschlag war, bleibt unklar. Was folgte war eine Kettenreaktion.
Innerhalb weniger Tage überzogen Atomschläge den gesamten Planeten. Die globale Infrastruktur brach zusammen Regierungen wurden zerschlagen und die Welt versank im Chaos.Die direkten Auswirkungen der Explosionen waren verheerend doch noch schlimmer waren die langfristigen Folgen.Strahlung nuklearer Winter und der vollständige Kollaps der Wirtschaftssysteme führten zu Hungersnöten und Krankheiten.Die Geburtenraten sanken drastisch und innerhalb weniger Jahrzehnte schrumpfte die Menschheit auf ein Minimum.Nur wenige Regionen blieben bewohnbar und dort bildeten sich neue Gemeinschaften, die sich langsam wieder organisierten.Die Menschheit überlebte aber zu einem hohen Preis. Heute über tausend Jahre später stehen wir an einem Wendepunkt.Die Sperrzone ist offiziell wieder für die Besiedlung freigegeben und bald wird neues Leben dorthin zurückkehren, wo einst eine blühende Zivilisation unterging.
Doch die Frage bleibt Haben wir wirklich aus der Vergangenheit gelerntUnser Team verlässt diese Stätte der Erinnerung mit gemischten Gefühlen.Wir haben Wissen bewahrt eine Geschichte rekonstruiert aber wir tragen auch die Verantwortung dieses Wissen weiterzugeben in der Hoffnung, dass eine Katastrophe dieses Ausmaßes nie wieder geschieht.Epilog – Jahr 5141:
Der Holoemitter flackerte kurz bevor die letzten Worte des digitalen Tagebuchs erschienen.
Die Schüler im Auditorium starrten gespannt auf die Projektion, während ihr Geschichtslehrer Professor Mondjäger das Ende der Aufzeichnung mit ernster Miene betrachtete.„Und dass meine Damen und Herren war die detaillierteste bekannte Quelle über den Untergang der Alten Welt“ sagte er mit ruhiger Stimme.
„Diese Aufzeichnungen von Doktor Kyle Ralfson wurden vor etwa zweitausend Jahren entdeckt und rekonstruiert.
Es handelt sich um eines der wichtigsten Dokumente über die größte Katastrophe der Menschheit.“Ein leises Murmeln ging durch den Raum.
Einige Schüler flüsterten miteinander andere machten sich Notizen auf ihren holographischen Schreibtafeln.
Eine junge Frau hob ihre Hand. „Professor gibt es Beweise dafür, dass die neue Besiedlung der Sperrzone erfolgreich war“Professor Mondjäger lächelte schwach. „Ja und nein.
Die ersten Kolonien in der Region waren vielversprechend aber Berichte aus den Jahrhunderten danach zeigen, dass genetische Schäden und unentdeckte Strahlungsquellen das Leben dort erschwerten.Ein anderer Schüler meldete sich zu Wort.
„Wie konnte es überhaupt so weit kommen, wenn die Menschen damals wussten, dass ein Atomkrieg alles zerstören würde warum haben sie es trotzdem zugelassen“
Der Professor seufzte. „Eine Frage die Historiker bis heute beschäftigt.
Viele Theorien deuten darauf hin, dass politische Kurzsichtigkeit wirtschaftliche Interessen und gesellschaftliche Spaltungen die Eskalation vorangetrieben haben.
Man wusste um die Gefahr, aber niemand wollte nachgeben niemand wollte als schwach gelten.
Am Ende reichte ein Funke, um das Feuer zu entfachen.“Das Auditorium wurde still. Die Schüler spürten die Tragweite dessen, was sie gerade gelernt hatten.
Sie lebten in einer Zeit, in der die Menschheit sich längst in den Sternen ausgebreitet hatte in dem alten Fehler scheinbar überwunden waren.Doch war das wirklich so?Professor Mondjäger schaltete den Holoemitter aus und sah seine Klasse an.
„Denkt daran Geschichte wiederholt sich nur wenn wir es zulassen.
Die Frage ist, ob wir wirklich aus der Vergangenheit gelernt haben.“Die Unterrichtsstunde war zu Ende.
Doch die Gedanken der Schüler würden noch lange bei den letzten Worten des verlorenen Tagebuchs verweilen.